Unter der routinierten und ruhigen Leitung von Rudi Engel sen. ging diese Mehrtages-Fahrt mal wieder in die geliebte Schweiz mit einem Übergang für 2 Tage nach Italien. Der Weg verläuft südlich der Bernina-Gruppe und lockt insbesondere mit dem Blick auf einige Gletscher, mehrere 3.000er und 4.000er sowie wunderschöne abwechslungsreiche Landschaften und Fauna. Die ersten vier Tage liefen wir insgesamt 60 km und 4.000 HM. Am 5. Tag hatte Rudi noch ein Besichtigungsprogramm angehängt.
1. Tag: Maloja- Lägh da Cavloc – Plan Canin – Val Forno – Fornohütte (2.574 m)
Wir starteten zu 8 Personen pünktlich um 5 Uhr mit zwei Autos zum Touren-Ausgangspunkt Maloja. Der erste Tagesabschnitt lag noch komplett in der Schweiz und startete sofort mit einer unvergleichlich schönen Landschaft, wildromantisch und gleichzeitig sehr lieblich. So erwartete uns bereits nach 1 h Weg ein wunderschöner See, der eine Teilnehmerin auch unvermittelt zu einem längeren Bad im überraschend angenehm warmen Wasser animierte. Die anderen stärkten ihren Kreislauf mit einem Kaffee und/oder genossen einfach den Blick auf diesen einzigartig schönen See.
Der weitere Wegverlauf durchs Val Forno wurde dann bereits durchaus hochalpin. Nach 11,1 km mit 1025 m Aufstieg kamen wir nach einer reinen Gesamtzeitt von 6 Std. bereits nachmittags an der Fornohütte an, so dass wir noch ausgiebig den Blick von der Hütte vom Liegestuhl aus auf den Gletscher genießen konnten.
2. Tag: Fornohütte – Sella del Forno – Alpe dell`Oro – Rifugio Longoni
Von der Fornohütte ging es am nächsten Morgen steil bergauf zur Sella del Forno auf 2.769 m, eine Scharte, von der aus wir dann durchs Val Bona nach Italien abstiegen. Um ein Stück Abstieg zu sparen, entschied sich unser Führer für eine Abkürzung über einen auf der Karte gepunkteten Steig. Mithilfe technischer Hilfsmittel ging es dann gefühlt querfeldein. Der Steig war notdürftig mit Trassenband an Büschen und Bäumen markiert. Der Weg selbst war streckenweise so zugewachsen, dass er nicht mehr erkennbar war. Er war also offensichtlich kaum noch begangen und nicht gepflegt. Den Teilnehmer*innen verlangte dieser Steig bei hohen Temperaturen besondere Konzentration und eine gute Körperbeherrschung ab, da teilweise nur wenig Halt zu finden war und es oft steil ohne erkennbare Tritte bergab ging. Wir waren alle sehr froh, als wir nach einer guten Stunde wohlbehalten am Fluss unten ankamen und dort wieder auf einen gepflegten, schmalen und auch noch schattigen Weg trafen.
Das optische Highlight des Tages war sicherlich die Alpe dell`Oro, die einen wunderbaren Ausblick ins Val Malenco und zum Monte Disgrazia bot. Es folgte eine blumenreiche Höhenwanderung zur Alpe Fora. Kurz unterhalb unseres Tagesziels, des Rifugios Longoni, lockte dann ein kleiner See nach den Strapazen des Tages die Damen noch zu einem Bad. Auf der Hütte hatte dann unser Führer zur allgemeinen Erheiterung mit dem Capo der Hütte eine tiefschürfende Diskussion in Gebärdensprache gespickt mit ein paar Brocken Deutsch, Englisch und Italienisch. Länge der Wanderung 13,3 km; Gesamtzeit 9,35 Std.; 1.116 m Aufstieg.
3. Tag: Rifugio Longoni – Forcella d`Entova – Alpe Musella – Rifiguio Zoia
Dies war der Tag mit der längsten Gesamtzeit mit 9,4 h bei knapp 17 km und „nur“ 960 HM. Grund für die lange Gehzeit: Es waren etliche Höhenmeter bergab, nämlich 1.420 m. Als Höhepunkt dieses Abschnitts war in der Tourenbeschreibung das Panorama auf die majestätische Berninagruppe angekündigt worden. Vom Piz Bernina konnten wir leider nur die oberste Spitze erahnen, trotz recht guter Sicht, aber beeindruckend war die Kulisse aus Gletscherbergen natürlich gleichwohl. Auch die vielen Bäche und die reichhaltige Flora waren wieder echte Hingucker. Am Ende zog sich der landschaftlich insgesamt sehr schöne Tourenabschnitt etwas, bis wir an den Stausee Campo Moro gelangten, in dessen Nähe auch unsere Unterkunft lag, das Refugio Zoia. Dieses entschädigte uns für die Hitze des Tages und die Länge der Tour auf ganzer Linie mit seiner hervorragenden Lage, mit Duschen, Betten mit Bettwäsche sowie hervorragender italienischer Bier- und Weinauswahl. Wir genossen den Comfort alle mit sichtlichem Vergnügen.
4. Tag: Rifugio Zoia – Passo di Campagneda – Alpe Selva -Poschiavo
Der 4. Tag, unser letzter Wandertag, forderte nochmals unsere Ausdauer mit insg. 19,2 km Länge und einem langen Abstieg von insgesamt 1.665 HM (Aufstieg 778 m, 8,5 h Gesamtzeit). Besonders motivierend waren zum einen das Bad im klaren, angenehm temperierten Wasser eines der Laghi di Campagneda sowie die schönen Ausblicke von den Pässen in die Berge und ins Tal. Am Pass da Cancian betraten wir wieder Schweizer Boden und stiegen langanhaltend nach Poschiavo ab, zurück in die Zivilisation. Dort genossen wir wieder den Comfort von Duschen und ließen uns Pizza, Bier und Wein mit großer Freude munden.
5. Tag: Poschiavo – Il Giardino die Chiacciai di Cavaglia – St. Moriz - Maloja
Morgens fuhren wir mit der Räthischen Eisenbahn zunächst 2 Stationen in Richtung St. Moriz, nämlich nach Cavaglia. Dort besuchten wir den beeindruckenden Gletschergarten, der ungewöhnliche Phänomene vom Abschmelzen der Gletscher in der letzten Eiszeit präsentiert, nämlich sogenannte Gletschertöpfe. Die Gletschertöpfe wurden in unzähligen Stunden und mit beachtlicher Ausdauer ehrenamtlich freigelegt, die Anlage wurde mit Spenden errichtet und erhalten. Die Führung durch den Präsidenten war äußerst interessant und informativ. Und was für ein Glück: Wir durften vor unserer Weiterfahrt mit dem Zug noch Grummo begegnen, dem Riesen vom Piz Palü!
Auf der Weiterfahrt mit der Räthischen Eisenbahn genossen wir dann noch ausgiebig die markante Bergwelt dieser Gegend und stiegen in St. Moriz in den Postbus nach Molaja um, um von dort, bereichert durch viele beeindruckende Erlebnisse und Perspektiven, wieder mit den Autos nach Hause zu fahren.
Bericht: Liane Faust, 26.07.22